

Klauer
              Schauer 
        Halloween
            Weiden Ballade für GMO Zombie
        Dirkmarkus Lichtenberger
          
          
Gern erzähl‘ ich meiner
            Freundin 
        Vor dem Schlafengeh’n am
            Bette 
        Vom Klauer-Schauer
        
        Die neusten Kalauer.
      
Von Hasenmann,
        
        Der nächtlich über die
            Friedhöfe wetzt 
        Und die Toten weckt.
        
        Er schleicht sich von
            hinten 
        An das Skelett und
            flüstert 
        Seinen Namen groß und
            deutlich. 
        Und weil das meistens
            nichts nützt, 
        Die Knochenleute sind
            schwerhörig hoch drei, 
        Schreit Hasenmann den
            Toten an 
         – Bis vom Druck der
            Schallwelle 
        Ein Zahn parterre purzelt.
        
        Sogar ein Ohrring verlor
            schon die Fassung. 
Hasenmann bückt sich
            charmant vor der Dame, 
        Die ihre Glieder rüttelt,
            so aufgeregt ist sie. 
        Sie hopst ihm auf den
            Rücken, 
        Krächzt: „Hashasgalopp!“
        
        Er erfreut sich am Druck
        
        Ihrer Schenkel und
            springt: 
        In die Grube, wo’s
            fürchterlich modert. 
Am Morgen kommt eine Hand
            aus dem Grab: 
        Hasenmann ist erwacht und
            will heim. 
        Er zieht sich heraus am
            Schopf einer alten Weide. 
        Unten klappert noch was
            und will Küsse retour. 
        Er aber sucht das Weite
            und bevor er’s vergessen: 
        Den Zahn und den Ohrring,
            die muß er noch haben. 
        Er findet die Stelle, bei
            Tag sieht er mehr. 
        Ein Briefchen liegt für
            ihn da. 
        Geschrieben mit Rot, die
            Tinte noch feucht: 
        „Geliebter der Nacht, ich
            wollt‘ dir noch sagen, 
        Mein Zahnarzt läßt fragen,
            ob du mich noch magst, 
        Wenn er von dem Ohrring
            das Gold in den Zahn gießt.“ 
        Hasenmann weiß nicht, ob‘s
            Scherz oder Drohung, 
        Was ihre Schrift hier
            spricht. 
Er schickt einen Antrag
            an die Kasse der Toten 
        Und bittet um eine milde
            Gabe. 
        Er möchte den Ohrring
            erhalten wissen. 
        Und schätzt ihren Zahn
            durchaus hoch. 
        Sein Antrag ist flugs
            genehmigt und kommende Nacht 
        Hat Hasenmann sich wieder
            zum Friedhof 
        Aufgemacht, mit Flöte und
            Hut. 
Die frühverstorbene
            Schöne erwartet ihn an der Weide. 
        Silbermond scheint in ihr
            karges Gesicht. 
        Sie lacht und sie wispert,
            sie kichert und keucht: 
        „Ich hatte so Eile, so
            furchtbare Eile. 
        Geliebter, ich hörte von
            eurer jüngsten Mode. 
        So hab‘ ich den Ring mit
            dem Zahn vertauscht. 
        Sieh her: Zum Essen
            brauch‘ ich den Schneider 
        Nicht mehr, drum hängt an
            der Lippe das Rund. 
        Ganz einzig apart ist mein
            Zahn nun am Ohr. 
        Willst du mal knabbern?“
      
Hasenmann findet das
            furchtbar nett und witzig, 
        Schenkt ihr von dem
            eingesparten Geld 
        Der Totenkasse ein dralles
            Kostüm 
        Aus glitzernder Seide,
            leuchtend pink, 
        Dezent durchbrochenes
            Spinnen-Neglige´. 
        Es scheinen Gebeine
            zierlich hindurch ... 
        So hübsch war ihm noch
            keine Tote erschienen. 
        Er macht flott den Anfang
            und wagt jene Frage, 
        Ob ihre Hand noch frei
            sei? 
        Das Frauenzimmer, seit
            zweihundert Jahren 
        Ohne Mann und Kinder, gibt
            freudigst ihr Ja. 
Brav Hasenmann schwört
            bei der Hochzeit 
        Beim seligen Faust, bei
            allen Heiligen Seelen, 
        Daß er keine Knochen mehr
            klauen geht 
        Und kein Skelett auf Erden
            erneut erschrecken wird. 
Ein glückliches Paar die
            beiden. 
        Du kannst sie genüßlich
            küssen sehen: 
        Efeuumschlungen nie mehr
            voneinander gehen 
        Im Mondenschein zwei
            rüstige Weiden. 
(C) 2001 by Dirkmarkus
            Lichtenberger